Notfallkoffer bei Suizidgedanken

Beitrag
Hast du gerade drängende Suizidgedanken oder denkst du seit einer Weile darüber nach, wie es wäre, nicht mehr zu leben? Suchst du nach Methoden, um dich vorübergehend (wieder) aus deinem momentanen Gedankenbild zu befreien? Oder möchtest du dich für den Fall, dass dieser Wunsch wiederkehrt, gut vorbereiten? In diesem Beitrag wird dir ein erstes Notfallset vorgestellt, welches aus unterschiedlichen, sich ergänzenden Teilen besteht und welches du auf deine Bedürfnisse hin personalisieren kannst. Verwende hierfür gerne das Dokument im Anhang, um deinen persönlichen Notfallkoffer immer griffbereit zu haben und erweitern zu können.
Für akute Situationen: Hast du gerade – oder eine dir nahestehende Person – die drängende Absicht im Kopf, das eigene Leben zu beenden? Dann nimm dieses Gefühl unbedingt ernst und kontaktiere für eine schnelle, professionelle Unterstützung die Notfallnummer 112! Das gilt im Zweifel auch, wenn der Entschluss, sich das eigene Leben zu nehmen, noch nicht final gefasst ist. Bei suizidalen Gedanken ohne konkrete Pläne und Absichten kannst du stets die Telefonseelsorge unter der 0800 111 0 111 für eine professionelle und anonyme Unterstützung kontaktieren.

Professionelle Unterstützung aufsuchen

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Verwendung der hier vorgestellten Maßnahmen – wie z. B. der Selbsthilfe – leider keine dauerhafte Lösung für die Gründe, die hinter deinen Suizidgedanken stecken, sind. Daher ist es in jedem Fall erforderlich, professionelle Unterstützung aufzusuchen. Für die langfristige Linderung deiner Beschwerden wird hierbei eine Psychotherapie oder psychologische Beratung empfohlen. Konkrete Informationen, wie du einen Psychotherapieplatz erhältst, findest du in einem weiteren Beitrag hier in der Mediathek. Allgemein kannst du dich für erste Schritte und andere Unterstützungsmöglichkeiten auch jederzeit an deine:n Hausarzt bzw. Hausärztin wenden.

Frühwarnzeichen sammeln & Notfallplan erstellen

Suizidgedanken folgen häufig auf Symptome oder Vorboten, die von Person zu Person unterschiedlich sein können. Um diese frühzeitig zu bemerken und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten zu können, solltest du deine persönlichen Warnsignale gut kennen und diese sammeln. Überlege daher einmal, welche Vorboten bei dir vor deinen Suizidgedanken häufig eintreten. Betroffene erleben in diesem Zusammenhang häufig Frühwarnzeichen wie …
  • Schlafstörungen
  • Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit und Grübeln
  • Konzentrationsstörungen
  • Antriebsverminderung und ein vermindertes Selbstwertgefühl
  • Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit
  • mangelnde Körperpflege
  • eine Tendenz zu sozialem Rückzug
  • Überempfindlichkeit und Ängstlichkeit
  • Schuldgefühle
Nachdem du deine persönlichen Warnsignale notiert hast, kannst du dir für jedes dieser Anzeichen – und vielleicht sogar den damit einhergehenden, häufig auftretenden Gedanken – konkrete Gegenmaßnahmen überlegen. Diese kannst du dann in verschiedenen Schritten festhalten. Das kann beispielsweise wie folgt aussehen:

„Wenn mir Gedanken kommen wie Ich bin wertlos, Ich bin eine Last für die Anderen oder Ich bin austauschbar und habe nichts zu bieten (geringes Selbstwertgefühl), dann werde ich mir im ersten Schritt in meinem Erfolgstagebuch durchlesen, was ich schon alles geschafft habe und was andere schon nettes über mich gesagt haben. Wenn das nicht hilft, werde ich im nächsten Schritt etwas machen, was mich auf andere Gedanken bringt, wie z. B. ein großes Puzzle zu lösen. Sollte das auch nicht helfen, rufe ich meine beste Freundin an.”

Notfallkontakte notieren

In persönlichen Krisen wie dieser ist es oft hilfreich, sich einer anderen Person anzuvertrauen und über die eigene Situation zu sprechen. Das können sowohl Menschen aus dem persönlichen Umfeld, wie gute Freund:innen oder ein Familienmitglied sein, als auch ein unbekannter, anonymer Kontakt z. B. via Telefon. Je nachdem, wie akut dein Drang (gerade) ist, sind auch fachliche Kontakte hilfreich, die dich in dieser Situation vor Ort professionell unterstützen können. Es ist daher sinnvoll, wenn du dir eine kleine Sammlung an Telefonnummern zusammenstellst, zu denen z. B. folgende Nummer(n) gehören sollten …
  • einer oder zwei der dir bekannten, nahestehenden Personen – mit der bzw. denen du ggf. sogar schon einmal über deine Situation gesprochen hast;
  • dem direkten Kontakt einer Psychiatrie oder Klinik in deiner Nähe, da dich diese im Falle akuter Suizidalität aufnehmen muss;
  • deinem bzw. deiner Psychotherapeut:in (falls vorhanden);
  • externen (anonymen) Anlaufstellen wie der Telefonseelsorge, oder weiteren externen Notfallkontakten, die du in einem gesonderten Beitrag hier in der Mediathek findest.

Selbsthilfemöglichkeiten reflektieren

Um deinem Drang entgegenzusteuern, ist es erforderlich, Tätigkeiten und Maßnahmen anzuwenden, die dir persönlich gut tun und dich – wenn auch nur zeitweilig – auf andere, bessere Gedanken bringen. Was hilft dir ganz allgemein in (solchen) Krisensituationen? Womit kannst du dich effektiv ablenken, dir bewusst machen, warum du weiterleben möchtest oder dir anderweitig Erleichterung und eine Auszeit von deinen Gedanken verschaffen? Möglichkeiten, die dir helfen können, sind beispielsweise, wenn du …
  • dir alle Gründe notierst, warum du (weiter)leben möchtest (z. B. die Personen, die dir wichtig sind; Dinge oder Projekte, die du noch erledigen möchtest; …);
  • dir alle Ziele und Träume aufschreibst, die du dir noch erfüllen möchtest (z. B. eine Reise an einen bestimmten Ort; das Erlernen einer bestimmten Sprache oder Fähigkeit; ein Treffen mit einer Person, die du gerne magst; …)
  • einen Spaziergang (mit einem Freund oder einer Freundin) an einen (nahegelegenen) Ort machst, den du gerne magst;
  • mit jemandem über deine Sorgen, Gedanken und Probleme sprichst;
  • sogenannte Skills ausprobierst (mehr hierzu erfährst du in einem gesonderten Beitrag);
  • alle großen und kleinen Dinge notierst, die in den letzten Wochen gut gelaufen sind (falls vorhanden, kannst du dein Dankbarkeitstagebuch lesen – das ist ein Heft in das du jeden Tag 2 bis 3 Dinge schreibst, für die du an dem Tag dankbar warst);
  • etwas tust, was dir ein gutes Gefühl gibt, wie z. B. dem Hören und Tanzen zu deiner Lieblingsmusik, dem Schauen deiner Lieblingsserie oder dem Putzen deiner Wohnung;
  • dich versuchst mit Aktivitäten abzulenken, die dir Spaß machen – z. B. dem Malen eines Mandalas, Puzzeln, Lösen eines Rätsels oder Sportübungen;
  • dir Gedanken und Aktivitäten, die aktuell hilfreich für dich sind, aufschreibst und sie so aufhängst, dass du sie als Erinnerung regelmäßig siehst;
  • (…)
Gehe beim Erstellen deiner persönlichen Liste in dich und überlege zum Beispiel auch, was dich vielleicht vor langer Zeit glücklich oder zufrieden gemacht hat. Vielleicht tut dir diese Tätigkeit jetzt auch (noch) gut?


Wenn du mehr hierzu erfahren möchtest oder dir die Tipps in diesem Beitrag nicht helfen konnten, wende dich bitte an die auf dieser Plattform hinterlegten Psycholog:innen. Sie sind entsprechend geschult und helfen dir sehr gerne weiter.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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