Körperliche Veränderungen während der Schwangerschaft

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Ab dem ersten Tag der Schwangerschaft entwickelt sich nicht nur das Ungeborene im Mutterleib - auch die werdende Mutter erlebt körperliche Veränderungen während der Schwangerschaft, denn der Körper nimmt viele Anpassungen vor, um eine bestmögliche Versorgung des heranwachsenden Babys sicherstellen zu können. Was sich genau verändert und warum die Anpassungen stattfinden, erfährst du im Folgenden.
Aus Mangel an praktikablen geschlechtsneutralen Alternativen in diesem Kontext werden im Text Begriffe wie “Mutter” und “Frau” verwendet. Damit sind immer alle Menschen gemeint, die vom MuSchG geschützt sind – dies schließt explizit Menschen aller Geschlechter ein, die Kinder gebären oder stillen.

Hormonsystem

“Die Hormone spielen verrückt” ist wohl der bekannteste Satz, den jede Frau während ihrer Schwangerschaft mal zu hören bekommt. Und da ist sogar etwas dran, denn der Hormonhaushalt verändert sich während der Schwangerschaft fortlaufend. Mit der nachfolgenden Liste kannst du dir einen Überblick über die Hormone und deren Funktionsweise verschaffen, die hiervon besonders betroffen sind:
  • Die Konzentration des Schwangerschaftshormons Beta-hCG (humanes Choriongonadotropin) steigt bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels und ist für die Produktion von Progesteron und Östrogen verantwortlich.
  • Der gesteigerte Progesteron-Wert sorgt für eine verbesserte Durchblutung sowie Entspannung der Gebärmutter und bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf eine Einnistung der befruchteten Eizelle vor.
  • Das Östrogen steuert das Wachstum der Gebärmutter sowie der Brustdrüsen und ist für die zunehmende Elastizität des Bindegewebes und der Blutgefäße verantwortlich.
  • Das Hormon Prolaktin regt gegen Ende der Schwangerschaft die Ausdifferenzierung der Brustdrüsen und die Milchproduktion an.
  • Durch die Ausschüttung von Oxytocin entstehen im Laufe der Geburt Wehen, also die Kontraktion der Gebärmuskulatur. Es beeinflusst ebenfalls die Ausbildung einer Beziehung zwischen Mutter und Kind.
  • Über den gesamten Schwangerschaftsverlauf hinfort erfolgt eine durch die Nebennierenhormone ausgelöste Anpassung der Elektrolyt- und Wasserausscheidung an die veränderten Kreislaufverhältnisse.
  • Die Entwicklung des Nervensystems des Kindes wird durch die Schilddrüsenhormone beeinflusst.

Geschlechtsorgane

Die Gebärmutter (Uterus) ist das Organ, welches in der Schwangerschaft die größten Veränderungen durchmacht. Sie versorgt das ungeborene Kind, bietet Platz für seine Entwicklung und verdreißigfacht dabei ihr Gewicht auf ungefähr 1,5 Kilogramm. Auch die Durchblutung des Uterus steigt enorm an, um die Muskelzellen auf die Kontraktionsarbeit während der Geburt vorzubereiten.

Während der Schwangerschaft nimmt der Scheidenausfluss, der milchig oder durchsichtig ist, häufig zu. Ein geschwächtes Immunsystem aufgrund von emotionalem Stress und einem veränderten Hormonspiegel kann zudem die Zusammensetzung der Scheidenflora gefährden. Sollte es zu einer Infektion kommen, macht sich das durch verstärkten Ausfluss mit intensivem fischartigen Geruch, Hautrötungen und Juckreiz bemerkbar. Dann ist es ratsam, deine gynäkologische Praxis aufzusuchen.

Im ersten Schwangerschaftsdrittel kann ein Spannungsgefühl in der Brust entstehen, da das Drüsengewebe zu wachsen beginnt und die Brust an Volumen zunimmt. Im zweiten Drittel beginnen sich die Drüsenzellen unter Einfluss der Schwangerschaftshormone (besonders Östrogen und Prolaktin) auf die Milchbildung umzustellen. Zu diesem Zeitpunkt fühlen sich die Brüste mitunter fester an oder werden empfindlich. Innerhalb der letzten Schwangerschaftswochen kommt es vor, dass die sogenannte Vormilch (Kolostrum) von den Brüsten abgesondert wird. Das ist eine dünne, gelbliche oder milchige Flüssigkeit, die auch in den ersten Tagen nach der Geburt ausgeschieden wird, ehe es zur Bildung von Muttermilch kommt. Für Stillkinder ist die Muttermilch mit ihren vielen Mineralstoffen und Antikörpern die erste Nahrung.

Herz-Kreislauf-System

Auch das Herz-Kreislauf-System reagiert auf die Schwangerschaft mit verschiedenen Anpassungen. Dazu gehören …
  • die Verbesserung der Blutversorgung besonders im Bereich der Gebärmutter, um eine ausreichende Versorgung des Embryos mit Energiestoffen und Sauerstoff zu gewährleisten.
  • die Zunahme des Blutvolumens bis zum Ende der Schwangerschaft um ca. 40 Prozent.
  • die Steigerung der Anzahl an roten Blutkörperchen, was wiederum einen erhöhten Eisenbedarf zur Folge hat.
Aufgrund der Flüssigkeitszunahme im Körper um rund 8 Liter während der gesamten Schwangerschaft kann es zu vermehrten Flüssigkeitsansammlung im Gewebe, sogenannten Ödemen, kommen. Diese kannst du meist durch regelmäßige Bewegung (z.B. Schwangerschaftssport) sowie eine ausgewogene Ernährung eigenständig in den Griff bekommen. Sollte dies nicht der Fall sein, sprich dies bitte in deiner frauenärztlichen Praxis an.

Darüber hinaus begünstigt eine Schwangerschaft die Entwicklung von Krampfadern in den Beinen, die manchmal schmerzhaft sein können. Damit die Krampfadern nach der Entbindung wieder verschwinden, empfiehlt sich das Tragen elastischer Stützstrümpfe, häufiges Hochlegen der Beine sowie regelmäßige Bewegung, wenn du zum Beispiel am Arbeitsplatz länger sitzen musst.

Körpergewicht & Stoffwechsel

Wie viel Gewicht du in der Schwangerschaft zulegst, ist höchst individuell. Durchschnittlich beträgt die Gesamtgewichtszunahme - das Gewicht des Fötus mit einberechnet - ca. 12,5 Kilogramm. Grund für die Gewichtszunahme sind unter anderem veränderte Stoffwechselvorgänge, die ausreichend Energie und Stoffwechselprodukte für die Wachstumsvorgänge des Embryos sowie die Neubildung von Gewebe bereitstellen. Durch die Neubildung von Fettgewebe in der ersten Schwangerschaftshälfte steht mehr Glukose für das Wachstum des Embryos zur Verfügung. Damit dies gewährleistet werden kann und weniger Glukose in die Zellen der Mutter aufgenommen wird, sinkt die Insulinsensitivität (d.h. die Zellen sprechen schlechter auf Insulin an). Kann die Bauchspeicheldrüse den erhöhten Insulinbedarf nicht decken, so steigt der Blutzuckerspiegel kontinuierlich an und es kann der sogenanntenSchwangerschaftsdiabetes entstehen. Um diese Diagnose auszuschließen, ist im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen für jede Schwangere zwischen der 24. und der 28. Schwangerschaftswoche ein Zuckerbelastungstest vorgesehen. Neben der Glukose bildet der Körper während der Schwangerschaft Eiweiß (Protein) sowie freie Fettsäuren, die vom Embryo, von der Plazenta, der Gebärmutter und dem Brustdrüsengewebe als Bausteine benötigt werden.

Atemwege

Viele Schwangere haben das Gefühl, schneller “außer Puste zu sein”. Das liegt an dem enormen Wachstum der Gebärmutter im Laufe der Schwangerschaft, sodass das Zwerchfell nach oben gedrückt und die Lunge dadurch komprimiert wird. Dies hat zur Folge, dass mehr als die Hälfte der Frauen insbesondere in der Spätschwangerschaft unter leichter Atemnot leidet. Außerdem kann die vermehrte Belastung des Herzens zu Kurzatmigkeit führen. Solltest du den Eindruck haben, dass du schlecht Luft bekommst, können Entspannungsübungen helfen, bei denen du das Ein- und Ausatmen bewusster wahrnimmst. Mache dir bewusst, dass alle diese Veränderungen normal und vorübergehend sind und keinen Einfluss auf die Sauerstoffversorgung deines Kindes haben.

Nieren & Harnwege

Mit hoher Wahrscheinlichkeit spürst du während deiner Schwangerschaft verstärkten Harndrang, der zum einen auf die Hormonwirkung des Progesterons zurückzuführen ist, welches eine entspannende Wirkung auf die Blasenmuskulatur hat. Zum anderen führt die vermehrte Durchblutung der Nieren während der Schwangerschaft zu einer verstärkten Urinbildung. Die Nieren arbeiten im Liegen stärker als im Stehen, deshalb kann der Harndrang zunehmen, wenn du schlafen möchtest. Da sich die Gebärmutter im zweiten Schwangerschaftsdrittel aufrichtet und dadurch der Druck auf die Blase nachlässt, nimmt die Blasenschwäche im Vergleich zum ersten Schwangerschaftsdrittel merklich ab. Im letzten Drittel nimmt der Harndrang wieder zu, da der Kopf des Kindes nach unten wandert und auf die Blase drückt. Außerdem entspannt sich die Beckenbodenmuskulatur zur Vorbereitung auf die Geburt.
Achtung: Da Nierenbecken und Harnleiter in der Schwangerschaft physiologisch erweitert sind, steigt das Risiko für Infektionen (z.B. Blasenentzündung oder Harnwegsinfekt). Deshalb gehört zu jeder Routineuntersuchung in der Schwangerschaft eine Urinprobe, um bakterielle Infektionen rechtzeitig festzustellen und zu behandeln.

Magen-Darm-Trakt

Auch der Verdauungstrakt lässt dich die Umstellung des Hormonhaushalts spüren, die von Frau zu Frau unterschiedlich wahrgenommen wird. Die berüchtigte Schwangerschaftsübelkeit geht an manchen völlig vorbei, andere leiden Wochen oder Monate darunter. Diese Art von Schwangerschaftsbeschwerden treten meist zwischen der 5. und 12. Schwangerschaftswoche auf. Grund dafür kann der hohe Spiegel der Hormone Östrogen und Beta-hCG sein, die der Aufrechterhaltung der Schwangerschaft dienen.

Tipps gegen Schwangerschaftsübelkeit:
  • Essen milder Speisen (wie z.B. Hühnerbrühe, Reis und Pasta)
  • Verzehr eines Salzkekses direkt am Morgen vor dem Aufstehen
  • Essen, bevor sich der Hunger einstellt
  • regelmäßiges Essen kleiner Portionen und Trinken kleiner Mengen
Infolge dieser hormonellen Umstellung verlangsamt sich die Magenentleerung und der Magen wird durch die wachsende Gebärmutter verdrängt und verlagert. Dadurch kann das Auftreten von Sodbrennen und Aufstoßen verursacht werden, da die Nahrung länger im Magen verweilt.

Tipps gegen Sodbrennen:
  • kein Bücken oder flaches Liegen für mehrere Stunden nach dem Essen
  • kleinere Portionen essen
  • keine Nahrungszufuhr einige Stunden vor dem Zubettgehen; Anheben von Kopf und Schultern mit Hilfe von Kissen beim Schlafen
  • Medikamente zur Neutralisierung der Magensäure einnehmen, lasse dich hierzu am besten von deiner gynäkologischen Praxis oder Apotheke beraten

Haut & Haare

Etwa ab dem vierten Schwangerschaftsmonat verändern sich bei den meisten Schwangeren Haut und Haare. Im Volksmund wird von dem sogenannten Schwangerschaftsglow, der durch die vermehrte Ausschüttung von Progesteron und die erhöhte Stoffwechselgeschwindigkeit entsteht, gesprochen. Bei vielen Schwangeren erscheint die Haut meist reiner, rosiger und straffer; das Haar wirkt glänzender und voller. Die Vermutung, dass der Schwangerschaftsglow auf das Geschlecht des Babys hinweisen könnte, ist ein reiner Mythos. Genauso kann es auch passieren, dass sich die Schwangerschaft nicht unbedingt positiv auf Haut und Haare auswirkt. Werdende Mütter können zu Pickeln und Mittessern, zu trockener Haut und zu spröden Haaren neigen. Das Gute ist jedoch, dass die meisten Veränderungen, die Haut und Haare betreffen, nach der Geburt von selbst wieder verschwinden.

Die Haut kann während der Schwangerschaft verstärkte Pigmentbildung aufweisen und dadurch dunkler werden. Besonders betroffen sind Brustwarzen, Narben oder die äußeren Genitalien. Auf der Bauchmitte erscheint bei ca. 15 bis 20 % der Schwangeren eine senkrechte, dunkle Linie (Linea Nigra), die vom Bauchnabel bis zum Schambein reicht. Diese bildet sich nach der Geburt wieder zurück, genauso wie die rötlichen Schwangerschaftsstreifen (Striae distensae) am Bauch, an den Hüften oder an den Brüsten. Solltest du starken, generalisierten Juckreiz haben, ist es ratsam, eine Fachperson zu konsultieren.

Mundraum

Aufgrund der vermehrten Blutzirkulation in deinem gesamten Körper kann es zu folgenden Veränderungen in deinem Mundraum kommen, die ein erhöhtes Kariesrisiko mit sich bringen:
  • Zahnfleischbluten bzw. Zahnfleischentzündung
  • geringerer pH-Wert im Speichel
  • erhöhter Kalziumbedarf
Da das Kariesrisiko bei nahezu jeder schwangeren Frau besteht, ist es ratsam, ein- bis zweimal in der Schwangerschaft eine Zahnprophylaxe durchführen zu lassen. Um selbst zur Zahnprophylaxe beizusteuern, hilft es, die Zähne nach jeder Mahlzeit mit einer weichen Zahnbürste zu putzen.
Wusstest du, dass viele (normalerweise kosten- bzw. zuzahlungspflichtige) Zahnbehandlungen während der Schwangerschaft und manchmal sogar während der Stillzeit von der Krankenkasse übernommen werden? Informiere dich hierzu gerne bei deiner Krankenkasse.

Gelenke & Muskeln

Um deiner Gebärmutter ausreichend Platz zu schenken, werden deine Gelenke und Bänder im Becken lockerer bzw. flexibler und bereiten deinen Körper so auf die Geburt vor. Da es aufgrund der stärkeren Belastung der Wirbelsäule zu Rückenschmerzen kommen kann, solltest du schweres Heben vermeiden und beispielsweise lieber in die Knie gehen, als dich zu bücken. Die Rückenbelastung kann durch ein leichtes Schwangerschaftsmieder oder gut stützende Schuhe gemildert werden.

Das war ein Überblick über die Veränderungen, die in deinem Körper während der Schwangerschaft auftreten. Wenn du wissen möchtest, welche psychischen Veränderungen während der Schwangerschaft auftreten können, informiere dich gern in dem dazugehörigen Beitrag. Solltest du weitere Fragen oder Anliegen haben, stehen dir die hier aufgeführten Ansprechpersonen jederzeit - auf Wunsch auch anonym - zur Seite.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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